Auf Deiner Seite sein
Vielleicht gibt es irgendwo tief in Dir den Glauben, gar nicht das Recht zu haben, glücklich zu sein.
Menschen, mit denen ich arbeite, bitte ich an so einem Punkt, sich vorzustellen, sie seien ein sehr guter Freund von jemandem. Wie wären Sie bei und mit Ihrem Freund? Und dann frage ich Sie: Bist Du dieser Freund für Dich selbst? Falls nicht, dann kann es sein, dass Du ungeduldig, hart und ungerecht mit Dir umgehst. Es kann passieren, dass Deine Selbstkritik laut wird, sobald Du beginnst, etwas Neues zu tun oder Dich an vergangene Erfahrungen erinnerst. Bist Du ein guter Freund für Dich – oder erlebst Du immer wieder, dass Du am Ende des Tages zu wenig wertschätzt, was Du geschafft hast, dass Du Bestätigung von außen nicht annehmen kannst oder nur halbherzig bzw. zu spät Grenzen für Dich und gegenüber anderen ziehst. Oder dass Du nicht benennst, was Du wirklich brauchst.
Anfangen, in Deinem eigenen Team zu spielen
Es ist die Verbundenheit mit Dir selbst, die Dich als ganzes Wesen weiter bringt. Nicht das Ziel, Dich selbst zu optimieren. Selbstoptimierung ist auf ein Zuwenig ausgerichtet und arbeitet mit Kritik. Verbundenheit hingegen beinhaltet Mitgefühl, Loyalität, Vertrauen. Sie lässt Dich Dir selbst aus ganzem Herzen Gutes wünschen. Aus dieser Verbundenheit heraus haben Deine Gefühle, Deine Bedürfnisse, Anliegen und Träume eine Bedeutung für Dich. Diese Verbundenheit ist es, die Dir die Klarheit und Kraft gibt, auf Dich zu hören, Dich für Dich einzusetzen und Dir ermutigend zuzusprechen. Verbundenheit holt Dich in Dein eigenes Team zurück und lässt Dich wachsen.
Wie kannst Du deine Verbundenheit mit Dir selbst stärken? Indem Du Ihr die Möglichkeit gibst, in kleinen Schritten zu wachsen. Frage Dich also mehrmals täglich: Bin ich in diesem Augenblick auf meiner Seite? Akzeptiere ich mich gerade oder mache ich mich schon im Vergleich kleiner?
Gute Gelegenheiten dafür sind:
- Wenn Du mit Deinem Denken in den typischen mind traps hängen bleibst: im Vergleichen, in Sorgen, in Beschuldigungen, in Zuwenig oder in beeinträchtigenden Glaubenssätzen („Ich muss mich anstrengen.“).
- Wenn Du Dich schlecht fühlst: enttäuscht, frustriert, gestresst, irritiert.
- Wenn Du Dich von jemandem oder etwas gedrängt fühlst.
- Wenn Du etwas für Dein Wohlbefinden tun solltest, es aber nicht tust (wie z. B. mehr schlafen, ein klärendes Gespräch führen, online weniger bad news konsumieren).
Wie kannst Du an Deine Seite gelangen?
- Wenn Du im Denken hängen geblieben bist (s. o.), stoppe diesen Gedanken, radikal und entschieden.
Wenn Dir ein Gefühl schwer fällt, stelle Dir diese Fragen: „Während dieses Gefühl da ist, wie kann ich gut für mich sorgen, was brauche ich gerade?“ „Was was braucht dieses Gefühl?“ Vielleicht ist es der Anruf bei einer guten Freundin. Ein anderes Mal Deine Hand auf Deinem Herzen. Werde neugierig. - Stelle Dir vor, es wäre jemand an Deiner Seite, dem Dein Wohlergehen wichtig ist, der möchte, dass es Dir gut geht. Der Mitgefühl mit Dir hat. Das erinnert Dich daran, dass Du zählst, und lässt Dich leichter fühlen, dass Du es wert bist, sich für Dich und Dein Wohlergehen einzusetzen. Das ist die Grundlage, um Dich mehr für Dich engagieren und loyal zu Dir selbst sein zu können – um Selbstmitgefühl zu entwickeln.
- Erinnere Dich daran, wie es sich angefühlt hat, für jemanden da zu sein. Vielleicht für einen Freund, ein Kind, ein Haustier oder einen hilfsbedürftigen Menschen. Nimm die unterschiedlichen Aspekte dieser Erfahrung wahr: Wie Loyalität, Nähe, Wärme, Miteinander, Entschiedenheit, Kraft. Lass Deinen Körper die Haltung dazu einnehmen: Vielleicht etwas aufrechter, etwas präsenter, mit wacheren Sinnen, klarem Blick, offenen Ohren. Vielleicht atmest Du spürbarer. Vielleicht spürst Du Dein Herz etwas deutlicher. Erlebe diese Qualität auch im Denken: Vielleicht in Form von Klarheit, Ausrichtung, ruhiger Umsichtigkeit. Du stärkst so in deinem Gehirn die Schaltkreise, die am Für-jemanden-da-sein beteiligt sind. Und die sind annähernd dieselben wie die am Für-Dich-da-sein beteiligten.
- Erinnere Dich an eine Situation/eine Zeit, in der Du mit Power, entschieden, ausdauernd auf Deiner Seite gewesen bist. Es kann eine kleine Angelegenheit gewesen sein wie der entschiedene Ruck, den Du Dir in deiner Müdigkeit gegeben hast, um Deine Aufgabe abzuschließen. Es mag die Prüfungssituation sein, in der Du kurz vorm Verzweifeln warst, und Dir dann selbst beruhigend zugesprochen hast. Oder Dein entschiedener Einsatz für Dich selbst gegenüber dem einschüchternden oder abwertenden Verhalten eines Anderen. Bringe diese Erfahrung so konkret wie möglich ins Hier und Jetzt, spüre sie ganz bewusst in diesen Augenblicken in Deinem Körper, nimm die Temperatur, die Energie, die Gefühle wahr, die sie in Dir auslöst.
Das Kind in Dir anlächeln
Gerade, wenn Dir Mitgefühl mit Dir selbst eher schwer fällt, kann dieser Ansatz helfen. Sieh Dich einmal als Kind vor Dir, vielleicht sogar in den ersten Momenten Deines Lebens: Verwundbar, einzigartig und absolut liebenswert. Spüre Deine Stärke, Fürsorge, Liebe und Loyalität und wende sie ganz bewusst diesem Kind zu. Spüre dabei Dein Herz und alles, was mitschwingt. Bleibe für ein paar Momente bei dieser Vorstellung, Deinen Empfindungen, Deinen Körperwahrnehmungen, Deiner Haltung.
Wenn Du noch einen Schritt weiter gehen möchtest, wende Dich nun genau mit dieser inneren Haltung Dir selbst zu. Spüre, wie es sich im Körper anfühlt, nun auf Deiner Seite zu sein. Gib dem Gefühl den vollen Raum und 100 % Deiner Aufmerksamkeit. Möglicherweise wie ein zweites Du, das Dir beruhigend die Hand auf die Schulter legt. Das Deine Mühe und Deine Last wahrnimmt, und Dich respektiert. Das Dich liebevoll anlächelt und bei Dir ist.
Diese wohltuenden Erfahrungen machen einen Unterschied in Deinem Bewusstsein und sie hinterlassen Spuren in Deinem Gehirn. Je häufiger Du die Erfahrung des Auf-deiner-Seite-sein machst, desto bleibender werden ihre Spuren in Deiner neuronalen Struktur. Sie wirken wie Boden-Markierungen, an denen sich Dein zukünftiges Denken ausrichten kann. Zunächst wie einzelne Punkte und irgendwann wie ein deutlich sichtbarer Weg, zu dem Du immer leichter zurückfinden kannst. Ein Weg, der Deine Verbindung zu Dir selbst, Dein Selbstvertrauen, Deine eigene Wertschätzung stärkt und Dein Wohlbefinden nachhaltig fördern kann.
Wenn Du mehr über die Wirkung von Positiver Neuroplastizität in meinem Coaching erfahren möchtest, sprich mich gerne an.